eID nimmt Fahrt auf: Was treibt die Nutzung der Online-Ausweisfunktion voran?

Wir untersuchen die Gründe für den jüngsten Anstieg und betrachten, warum 2025 das Jahr der eID in Deutschland werden könnte.

22 Prozent der Deutschen haben die Online-Ausweisfunktion (eID) ihres Personalausweises schon einmal verwendet, so der eGovernment-Monitor 2024. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um acht Prozentpunkte, verglichen mit einer YouGov-Erhebung von 2022 sogar um 14 Prozentpunkte. Auch wenn noch viel Luft nach oben ist, scheint die eID endlich Fahrt aufzunehmen. Neue Regularien wie eIDAS 2.0, die AMLR (Anti-Money-Laundering Regulation) und die geplante VideoIdent-Verordnung werden die Nutzung voraussichtlich weiter vorantreiben. Doch damit die eID in der breiten Mitte der Bevölkerung ankommt, sind vor allem niederschwellige Einsatzszenarien gefragt.  

Was ist die eID und seit wann gibt es sie? 

Die eID ist die Online-Ausweisfunktion des deutschen Personalausweises. Bürgerinnen und Bürgern können sich damit sicher und eindeutig digital identifizieren. Ob ein neues Bankkonto eröffnen, einen Kredit beantragen, eine Prepaid-SIM-Karte freischalten oder den Wohnsitz ummelden: All das geht dank eID bequem übers Internet, sofern die Behörde oder der Finanzdienstleister einen entsprechenden digitalen Dienst anbietet. Bereits seit 2010 gibt es die Online-Ausweisfunktion in Deutschland: Sie wurde mit dem damals neuen Karten-Personalausweis eingeführt. In diesen ist ein kleiner Chip eingebettet, der das Auslesen von Daten ermöglicht. Wenn Bürgerinnen und Bürger ihren Ausweis auf dem Amt abholen, ist die Online-Funktion seit einigen Jahren automatisch aktiviert. Um sie zu nutzen, muss der Inhaber aber zunächst die Einmal-PIN durch eine selbst gewählte, sechsstellige PIN ersetzen. Künftig kann er sich dann ganz einfach digital identifizieren zum Beispiel über die IDnow eID. Dafür benötigt er lediglich seinen Personalausweis, seine PIN, ein NFC-fähiges Smartphone und eine geeignete App. 

Die Akzeptanz der Online-Ausweisfunktion nimmt zu. 

Immerhin 39 Prozent der Deutschen haben mittlerweile ihre Online-Ausweisfunktion per PIN einsatzbereit gemacht, so der eGovernment Monitor. 2023 waren es erst 30 Prozent. Über alle Altersgruppen hinweg nimmt die Akzeptanz zu, wobei der Anteil bei den jüngeren, digitalaffinen Menschen erwartungsgemäß am stärksten steigt. In der Praxis verwendet haben aber erst 22 Prozent aller Berechtigten ihre Online-Ausweisfunktion. Das zeigt, das häufig noch geeignete Anwendungsfälle fehlen. Außerdem hat die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ihre Online-Ausweisfunktion bisher nicht freigeschaltet. Je 22 Prozent sehen darin keinen Vorteil oder finden es zu kompliziert. 20 Prozent sagen, sie wissen nicht, wie sie die Funktion einrichten können, 18 Prozent haben kein Vertrauen in den Online-Ausweis und 15 Prozent kennen keine Anwendungsmöglichkeiten. Laut dem IDnow Digital Identity Index 2023 ist noch immer der persönliche Besuch auf der Postfiliale das beliebteste Identifizierungsverfahren in Deutschland – obwohl dies mit erheblichem Aufwand verbunden ist. 

Attraktive eID-Anwendungsfälle sind der Schlüssel zum Erfolg. 

Tatsächlich steht und fällt die Akzeptanz der Online-Ausweisfunktion mit den Anwendungsfällen. So schnellte die Zahl der erfolgreichen eID-Transaktionen im März 2023 plötzlich in die Höhe – von knapp 804.000 auf über 2,7 Millionen. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen konnten in diesem Monat Studierende die 200 Euro-Energiepreispauschale beantragen. Dafür war entweder ein Elster-Zertifikat oder eine eID erforderlich. Da die jungen Leute in der Regel noch kein Elster-Zertifikat hatten, nutzte die Mehrheit die Online-Ausweisfunktion. Der zweite Treiber war die Grundsteuererklärung, deren Abgabefrist damals auslief. Bürgerinnen und Bürger konnten sich mit ihrer eID für den Online-Service „Grundsteuererklärung für Privateigentum“ authentifizieren, der ihnen die komplexe Steuererklärung erleichtern sollte. Nach dem Peak im März 2023 ging die Zahl der erfolgreichen eID-Transaktionen wieder auf rund 1,4 Millionen pro Monat zurück und erreichte im Juli 2024 1,66 Millionen. 

Andere europäische Länder machen vor, wie’s geht. 

Was auf den ersten Blick beachtlich aussieht, relativiert sich im europäischen Vergleich schnell wieder. So verzeichnete Belgien im Jahr 2022 bereits 26 Millionen erfolgreiche eID-Transaktionen pro Monat, Italien 84 Millionen und Schweden sagenhafte 558 Millionen. Dort können sich Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Online-Ausweisfunktion bei einer Vielzahl von Diensten authentifizieren, etwa aus dem Bereich Behörden, Finanzen und Gesundheit. Auch Österreich schreitet mit gutem Beispiel voran. In unserem Nachbarland können Bürgerinnen und Bürger ihre ID-Austria bei über 200 digitalen Behördengängen und über 400 Diensten nutzen. Zum Vergleich: In Deutschland sind gerade mal 259 Anwendungen beim BMI für die eID gelistet, davon 117 bundesweit. Ein großer Treiber für die ID-Austria ist der digitale Altersnachweis, der vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt ist. Mit der App „eAusweise“ können sie nachweisen, dass sie das Mindestalter erreicht haben, um etwa Zigaretten zu kaufen, Ü18-Medien auszuleihen oder Zugang zu einem Nachtclub zu erhalten.

Genau solche niedrigschwelligen Angebote sind wichtig, damit die eID erfolgreich wird. Wir brauchen alltägliche Anwendungsfälle, in denen man die Online-Ausweisfunktion wöchentlich nutzt – und nicht nur einmal im Jahr, sodass die Menschen ihre PIN längst wieder vergessen haben. 

Uwe Stelzig, Managing Director DACH bei IDnow

Die eID bringt viele Vorteile. 

Potenzial gibt es genug. Die Mehrheit der im eGovernment-Monitor Befragten fänden es (sehr) gut, wenn sie sich künftig überall mit ihrem Personalausweis auf dem Smartphone ausweisen könnten – nicht nur bei Ämtern, Behörden und Banken, sondern auch bei der Krankenkasse, in Bibliotheken, Universitäten oder im Fitnessstudio. Der digitale Identitätsnachweis spart viel Zeit, weil er lästige Behördengänge überflüssig macht, rund um die Uhr verfügbar ist und Geschäftsvorgänge beschleunigt. Um etwa einen Kredit online zu beantragen, können Kunden ihre Identität in wenigen Minuten mit ihrer eID bestätigen und den Antrag sogar digital unterschreiben. Denn in Kombination mit der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) lassen sich Transaktionen, die sonst eine eigenhändige Unterschrift erfordern, komplett digital abwickeln.  

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Die Zukunft digitaler Identitäten. 

Vor allem das Zusammenspiel aus Smartphone und eID wird künftig an Bedeutung gewinnen. So wollte das Bundesinnenministerium eigentlich bis Ende 2023 die sogenannte Smart-eID App einführen, die die Personalausweisdaten auf dem Handy speichert. Anwender sollten sich dann mit dem Smartphone authentifizieren, ohne ihre Ausweiskarte vorzuhalten. Derzeit liegt das Projekt jedoch wegen der angespannten Haushaltslage auf Eis. Immerhin wurde mit dem Smart-eID-Gesetz aber die rechtliche Grundlage geschaffen. Außerdem soll es künftig digitale Identity Wallets geben – so sieht es die eIDAS 2.0-Verordnung vor. In diesen Wallets werden dann keine Zahlungsdaten, sondern Ausweisdokumente wie Personalausweis oder Führerschein sowie andere persönliche Attribute (z. B. Hochschulzeugnisse) gespeichert. Solche Identity Wallets haben den großen Vorteil, dass sie digitale Identitäten leicht wiederverwendbar machen. Anwender müssen sich dann nur noch einmal für die Wallet identifizieren. Anmeldungen und Authentifizierungen erfolgen künftig direkt über die Identität, die in der Wallet gespeichert ist. 

Welche Regularien treiben die eID voran? 

Es gibt derzeit zahlreiche Regularien, die die Nutzung der eID fördern. Hier ein kurzer Überblick: 

eIDAS 2.0 

Seit 20. Mai 2024 ist die eIDAS 2.0-Verordnung in Kraft. Sie baut auf der ursprünglichen eIDAS-Verordnung von 2014 auf, die einen einheitlichen Rahmen für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste in der EU schaffen wollte. Zu den wichtigsten Neuerungen von eIDAS 2.0 zählt die Einführung der European Digital Identity Wallets (EUDI-Wallets), die auf dem Smartphone verfügbar sein sollen. Bis etwa 2027 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten mindestens eine EUDI-Wallet herausgeben oder zertifizieren. Sowohl staatliche als auch privatwirtschaftliche Lösungen sind in einem offenen Ökosystem möglich. 

AMLR und AMLD6 

AMLR (Anti-Money-Laundering Regulation) und AMLD6 (6. Anti-Money Laundering Directive) sind zwei zusammenhängende Komponenten des neuen EU-Pakets zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, das am 10. Juli 2024 in Kraft getreten ist. Unter anderem müssen betroffene Organisationen künftig strengere Maßnahmen ergreifen, um die Identität ihrer Kunden zu überprüfen. Das dürfte die eID stärken. 

GwG 

In Deutschland setzt das Geldwäschegesetz (GwG) die EU-Geldwäscherichtlinien AMLD um. Bis Juli 2027 muss es im Hinblick auf AMLD6 und AMLR überarbeitet werden. Das GwG verpflichtet Betroffene unter anderem dazu, ihre Kunden nach dem „Know Your Customer“-Prinzip (KYC) zu identifizieren. Die Identifizierung mit der eID ist eine geeignete Maßnahme, um die gesetzlichen Anforderungen effizient zu erfüllen. 

OZG 2.0 

Das Onlinezugangsgesetz 2.0 (OZG 2.0), das am 24. Juli 2024 in Kraft getreten ist, überarbeitet das ursprüngliche OZG aus dem Jahr 2017. Ziel bleibt die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Zu den wichtigen Neuerungen zählt, dass die BundID zu einer DeutschlandID weiterentwickelt werden soll. Dabei handelt es sich um ein zentrales Nutzerkonto, mit dem Bürgerinnen und Bürgern auf digitale Verwaltungsleistungen von Bund und Ländern zugreifen können. Für die Anmeldung brauchen sie lediglich ihre eID, den PIN und ein NFC-fähiges Smartphone. 

GwVideoIdentV 

Die geplante VideoIdent Verordnung (GwVideoIdentV) des Bundesfinanzministeriums soll das Videoidentifizierungsverfahren gesetzlich regeln. Bisher liegt sie in einem Referentenentwurf vom April 2024 vor. Geplant ist unter anderem eine Stärkung der eID. Unternehmen, deren Produkte und Services unter das GwG fallen und die das VideoIdent-Verfahren einsetzen, müssen laut Entwurf zusätzlich die Identifizierung mit der Online-Ausweisfunktion anbieten. 

Digitale Identity Wallets und eID.

Der Gesetzgeber hat die Weichen dafür gestellt, dass die eID weiter an Fahrt aufnimmt. Was wir jetzt vor allem brauchen, sind mehr Anwendungsfälle, die die Online-Ausweisfunktion ganz selbstverständlich in den Alltag der Menschen integrieren.

Uwe Stelzig, Managing Director DACH bei IDnow

Vor allem die Einführung von Digital Identity Wallets birgt großes Potenzial. Anwender könnten darin nicht nur Ausweisdokumente, sondern auch andere sensible Informationen speichern, zum Beispiel Fahrkarten, einen Boarding-Pass, Zertifikate oder alles, was sie für einen Kreditantrag benötigen. Dabei haben sie volle Kontrolle, welche Daten sie mit welchem Anbieter teilen. Es gibt viele denkbare Einsatzszenarien für Digital Identity Wallets, die sowohl für Nutzer als auch Anbieter einen erheblichen Gewinn an Komfort, Sicherheit und Effizienz bringen.  

Von

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Jody Houton
Senior Content Manager bei IDnow
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